Soufflierte Rebhuhnbrust mit Pilzschuppen, Innereien-Croûton und winterlichem Gemüsebouquet, Pfeffersauce

Ein Teller von Harald Wohlfahrt: Soufflierte Rebhuhnbrust mit Pilzschuppen, Innereien-Croûton und winterlichem Gemüsebouquet, Pfeffersauce.

Herr Wohlfahrt, wie lange kochen Sie diesen Gang schon?
Also, in dieser Form, würde ich sagen, vielleicht seit drei, vier Jahren. Aber man entwickelt das immer weiter. Jeder Teller wird akribisch erarbeitet, aber das gleiche Gericht kann in ein paar Tagen ein ganz anderes Gericht sein, weil man es weiterentwickelt hat. Und natürlich kann es von der Beilagengestaltung her im November anders aussehen als im Januar.
Rebhuhn hat man klassisch immer im Ganzen gebraten, aber dann wird die Haut sehr fest, sehr zäh und kann auch ein bisschen tranig schmecken. Irgendwann habe ich gesagt: »Es muss doch eine Möglichkeit geben, es so zu bearbeiten, dass man das schöne Fleisch schmeckt und es saftig bleibt.« Ich habe die Brust ausgelöst, habe den Gänseleberkern aufgelegt und aus den Keulen und den Innereien eine Farce gemacht, die ich aufstreiche. Die Pilzschuppen drauf, und dann geht es in den Backofen. Durch die indirekte Hitze wird die Rebhuhnbrust so sanft gegart, dass das Fleisch wirklich sehr saftig bleibt.

Die ist aber nicht vorgegart?
Nein, die habe ich nicht vorher gegart. Die braucht nicht viel Hitze. Zwölf Minuten im Ofen genügen. Bei anderen Produkten tun wir das aber schon. Im Umgang mit Temperaturen hat es in den vergangenen Jahren eine große Entwicklung gegeben. Man lernt, mit den einzelnen Temperaturen bessere Ergebnisse zu erzielen. Ich habe mich viele Jahre überhaupt nicht getraut, Fasan zu servieren, weil man damit immer Probleme hat. Früher hat man den Fasan an der Karkasse angebraten, ihn dann in den Ofen geschoben und wenn er Hitze bekommen hat … Das ist ja immer so beim Geflügel: Bis die Keulen gar werden, sind die Brüste in der Regel schon trocken. Aber heute gibt es diese Umkehrtechnik: Die Brüste werden ausgelöst, im Sous vide, also vakuumiert, bei niedriger Temperatur gegart und hinterher angebraten. Ich lege da ein paar Scheiben vom weißen Trüffel rein, und es entwickelt sich eine Aromatik und eine Zartheit, die man so nicht kannte. Jeder, der es halbwegs versteht und schon mal Fasan gegessen hat, natürlich auch schlecht gegessen hat, sagt dann: »Mensch, so gut hab ich das noch nie bekommen.«
Zurück zum Rebhuhn: Wo bekommen Sie das her?
Das Rebhuhn bekommen wir aus Österreich. Dort habe ich eine neue Bezugsquelle aufgetan.
Viele lernen es nicht, Innereien zu essen, aber ich liebe Innereien über alles.
Der Fotograf meinte gestern nach dem Essen, dass der Innereien-Croûton allein schon die Reise wert gewesen wäre. Täuscht mein Eindruck, oder ist es so, dass Innereien fast nur noch in der Spitzengastronomie serviert werden?
Warum soll die Kalbsleber schlechter sein als ein Rinderfilet? Es ist ein anderes Teil eines Tieres, es hat eine andere Konsistenz und einen anderen Geschmack, aber letztlich geht jedes Produkt gleichberechtigt an den Start. Viele lernen es nicht, Innereien zu essen, aber ich liebe Innereien über alles. Ich mag sehr gerne Kalbsleber, auch Kalbsnieren. Wenn es irgendwie ginge, würde ich sie immer bestellen, zumindest wenn ich weiß, dass das Haus sorgsam im Einkauf ist und gute Produkte hat. Man sollte Nieren nicht jeden Tag essen, wegen des Puringehalts, aber einmal im Monat eine schöne Portion Kalbsnieren, das würde ich mir nicht verwehren. Wer leidenschaftlich Feinschmeckerei betreibt und über das Jahr öfter mal Lamm, öfter mal Reh, öfter mal Rind bekommt, der freut sich natürlich auch über Alternativen.
Mit dem Croûton zeigen wir, dass man auch die Innereien verwerten kann und wie interessant das geschmacklich sein kann. Das ist Herz und Leber…
Auch Blut?
Nein, nur der Eigenanteil in der Leber. Das reicht, dass es die dunkle Farbe bekommt. An sich wird die Leber nur gegart und dann püriert. Dann gebe ich ein kleines bisschen Gänseleber dazu, damit es nicht so trocken wird. Die ist schon ziemlich spürbar.

Dazu etwas Wintergemüse …
Ja, gut, da war ein Chicorée, der ist ein Wintergemüse. Dann der Innereiencroûton, um zu zeigen, dass man auch die Innereien verwerten kann. So haben wir die ganze Aromatik, das ganze Spektrum, das so ein Gericht bieten kann, herausgearbeitet. Die Sauce dazu schmeckt sehr intensiv und trotzdem nicht zu streng, zu kräftig. Da passte dann auch das Gemüse der Jahreszeit.
Sehr beeindruckt waren wir auch von dem, was Ihr Oberkellner als »gute alte klassische Bratkartoffel« bezeichnete.
Die Maxim-Kartoffel – das ist eine Heidenarbeit!
Die Maxim-Kartoffel. Das ist eine Heidenarbeit! Die Kartoffeln werden erst geschnitten und aufgelegt, dafür gibt es solche Matten, Silpatmatten heißen die. Dann werden sie mit Gänseschmalz eingegossen und in den Backofen geschoben. Da werden sie weich geschmort und am Schluss in der Pfanne ganz kurz kross angebraten.
Ich finde, durch den Leberanteil ist das Gericht schon üppig, so dass die Beilage nicht auch noch einschlagen muss. Ich versuche, da einen Kontrast zu setzen, auch von der Konsistenz her: Dass man in dem Gericht was Weiches bringt, und dann kommt die krosse Kartoffel. Man will ja auch Akzente setzen auf dem Teller.
Gehen Sie so vor? Fangen Sie an mit dem Grundprodukt und fügen die nächsten Elemente dazu, als würden Sie das auswiegen?
Ja, das stimmt. Ich diskutiere auch mit meinen Köchen: Was kann man verändern, wie kann man es verändern … Die Dinge, die ich mir ausgedacht habe und wo ich sage, ich bin jetzt auf einem Stand, wo ich’s besser nicht machen kann, die bleiben so erhalten. Oder sie werden möglicherweise nur noch geringfügig verändert durch andere Beilagen oder Garnituren. Aber wenn ich eine Methode sehen würde, wie ich das Rebhuhn noch besser machen kann, würde ich da ansetzen.


Soufflierte Rebhuhnbrust mit Pilzschuppen, Innereiencroûton und winterlichem Gemüsebouquet, Pfeffersauce

Für 4 Personen

Farce

  • 70 g mageres Rehfleisch 30 g Gänseleberabschnitte
  • 70 ml Sahne
  • Salz, weißer Pfeffer aus der Mühle, Cayenne

Sauce

  • Rebhuhnkarkassen
  • 50 g Karottenwürfel
  • 50 g Schalotten, geviertelt
  • 50 g Champignons, geviertelt
  • 2 Knoblauchzehen
  • 50 ml Cognac
  • 100 ml Rotwein
  • 50 ml roter Portwein
  • 50 ml Madeira
  • 250 ml brauner Wildgeflügelfond
  • 250 ml Wildfond
  • 2 Zweige Rosmarin
  • 2 Zweige Thymian
  • 10 weiße Pfefferkörner
  • 10 schwarze Pfefferkörner
  • 5 Wacholderbeeren
  • 2 Lorbeerblätter
  • 1 EL rotes Johannisbeergelee
  • 2 EL Crème double
  • 40 g Butter
  • Crème de cassis
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle

Rebhuhn

  • 2 wilde Rebhühner
  • 2 Blatt junger Wirsing
  • 2 Blatt Mangold, ohne Blattrippe
  • 2 Champignons
  • 30 g geklärte Butter

Brioche mit Lebercreme

  • 500 ml Rotwein
  • 250 ml roter Portwein
  • 100 ml Madeira
  • 1 Zweig Rosmarin
  • 1 Zweig Thymian
  • 5 weiße Pfefferkörner
  • 5 schwarze Pfefferkörner
  • 2 Wacholderbeeren
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1/4 Orange, die Schale
  • 100 g Geflügelleber
  • 30 g Gänseleberparfait
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle
  • 2 Scheiben Brioche
  • 50 g Butter

Chicoree

  • 4 Mini-Chicorée
  • 1 Stück Limone, den Saft
  • 1 Zweig Thymian
  • 1/2 Knoblauchzehe
  • 10 g Butter
  • 10 g Gänsefett
  • 50 g Mehl
  • 30 g Butter zum Braten
  • Weißwein
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle, Puderzucker

Maxim-Kartoffel

  • 4 Kartoffeln (Sorte Belana)
  • 50 g Weizenstärke
  • 200 g geklärte Butter
  • Salz

Beilagen

  • 1/2 Bund glatte Petersilie
  • 2 Knoblauchzehen
  • 1 Schwarzwurzel
  • 150 g Knollensellerie
  • 150 g Karotte
  • 6 Weintrauben
  • 50 g Butter
  • 50 g Geflügelfond
  • Salz, Zucker,
  • Trüffelsaft
  • 160 g küchenfertige Chanterelle-Pilze
  • 1/2 Schalotte
  • 50 g Butter
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle

Farce

  1. Von dem mageren Rehfleisch, Gänseleberabschnitten, Sahne und Gewürzen im Küchenmixer eine glatte Farce herstellen.
  2. Abschmecken und durch ein feines Sieb streichen.

Sauce

  1. Von den Rebhühnern die Brüste auslösen und beiseite stellen.
  2. In einem entsprechend großen Topf Öl erhitzen und die klein gehackten Rebhuhnkarkassen hineingeben. Bei mittlerer Hitze leicht bräunen lassen. Das herausgetretene Fett abgießen.
  3. Das Röstgemüse zugeben und leicht mit andünsten. Mit Cognac flambieren. Den restlichen Alkohol zugeben und den Saucenansatz schön glasieren. Kräuter, Lorbeerblätter und die zerstoßenen Wacholderbeeren und Pfefferkörner zugeben.
  4. Mit dem braunen Wildgeflügelfond und dem Wildfond aufgießen und das Ganze zwei Stunden sanft kochen lassen. Dabei immer wieder den sich bildenden Schaum und das heraustretende Fett vorsichtig abnehmen.
  5. Die Sauce durch ein Sieb pressen und wieder leicht köchelnd auf den Herd stellen. Johannisbeergelee und Crème double zugeben und mit Salz und Pfeffer abschmecken.
  6. Wenn die Sauce fertig ist, noch mit Crème de cassis abschmecken und ein kleines Stück frische Butter einrühren. Durch ein Microsieb passieren.

Lebercreme und Brioche

  1. Rotwein und roten Portwein mit den Aromaten auf 100 ml reduzieren und durch ein Sieb seihen.
  2. In diesem Fond die geputzte Geflügelleber pochieren. Im Küchenmixer die pochierte Geflügelleber mit dem Gänseleberparfait zu einer glatten Masse mixen. Nach und nach etwas von dem Fond zugeben, ca. 50 ml, und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Kalt stellen.
  3. Den Brioche 3,5 cm groß ausstechen und in Butter braten. Nachwürzen und auf Küchenkrepp abtropfen lassen.
  4. Die kalte Lebercreme auf den Brioche-Croûton streichen und bei 160 Grad 5 Minuten backen.

Chicorée

  1. Den Mini-Chicorée mit allen Zutaten vakuumieren und bei 85 Grad ca. 45 Minuten im Wasserbad garen.
  2. Wenn der Chicorée gar ist, den Beutel im Eiswasser abschrecken. Den Chicorée halbieren und zum Abtropfen auf ein Küchenkrepp legen.

Maxim-Kartoffeln

  1. Kartoffeln auf der Aufschnittmaschine in 2 mm dicke Scheiben schneiden und mit einem Ausstecher von 2 cm Durchmesser ausstechen. Die Scheiben mit Weizenstärke mehlieren und in einer 6 cm Antihaftform zu Rosetten legen. Diesen Vorgang einmal wiederholen. Das heißt: Eine Maxim-Kartoffel besteht aus 2 übereinanderliegenden Rosetten.
  2. Vorsichtig mit flüssiger, geklärter Butter aufgießen und bei 180 Grad 12 Minuten im Ofen backen. Mit einer feinen Nadel eine Garprobe machen. Die Kartoffel muss beim Herausholen gar sein. Kalt stellen und danach aus der Form nehmen.
  3. Mit der festgewordenen Butter in einer Pfanne vorsichtig kross braten. Mit Salz würzen und auf Küchenkrepp abtropfen lassen.

Rebhuhnbrust

  1. Von den Brüsten der Rebhühner die Haut entfernen und bei den kleinen Filets mit einer Zange die Sehne vorsichtig entfernen.
  2. 2 cm dicke Gänseleberscheiben in 4 Stücke von 4 x 2 cm schneiden, würzen und in die blanchierten, dünn mit Farce bestrichenen Mangoldblätter einschlagen.
  3. Rebhuhnbrüste mit der Hautseite nach unten hinlegen, mit Farce bestreichen und die Gänseleberkerne daraufsetzen. Die Rehfarce mit Hilfe eines Spritzbeutels so auf die Brüste dressieren, dass die kleinen Gänseleberkerne vollkommen von der Farce umgeben sind. Mit einer kleinen Palette glattstreichen.
  4. Die Champignons in dünne Scheiben schneiden. Damit die Rebhuhnbrüste schuppenartig belegen und mit flüssiger Butter bestreichen. Den gekochten Wirsing mit einem Nudelholz plattieren und ohne Blattrippen auslegen.
  5. Dünn mit Rehfarce bestreichen und die Brüste daraufsetzen. Mit einem scharfen Messer den Wirsing knapp 1 cm überstehend abschneiden und hochklappen. Bei 160 Grad 12–13 Minuten backen. 3 Minuten ruhen lassen.

Beilagen

  1. Die Trauben schälen, halbieren und entkernen. Die Knoblauchzehen in feine Würfel schneiden und leicht salzen, mit dem Messerrücken zerdrücken. Zusammen mit der gewaschenen Petersilie hacken, dass sie sich schön vermischen. Schwarzwurzel schälen und in Stifte schneiden. In Milch legen, um die Oxidation zu verhindern. Aus dem Knollensellerie kleine Kugeln ausstechen. Die Karotte schälen, mit einem Kannelierer 5 Kerben ziehen und die Karotte dann in Scheiben schneiden. So erhält man die kleinen Karottensterne.
  2. In schäumender Butter in der Reihenfolge Sellerie, Karotte und Schwarzwurzel leicht angehen lassen. Mit Salz und Zucker würzen, mit Geflügelfond ablöschen und zugedeckt langsam garen. Am Ende der Garzeit, also wenn die Gemüse fast weich sind, den Deckel abnehmen und mit einem kleinen Stück Butter die Gemüse schön glasieren. Abschmecken, Trüffelsaft und Knoblauchpetersilie zugeben.
  3. Den Chicorée würzen, mehlieren und in heißer Butter leicht braten, mit Puderzucker bestäuben und mit Weißwein ablöschen. Chicorée immer wieder mit dem Fond begießen bis dieser leicht gebräunt und schön glasiert ist. Chicorée herausnehmen und in diesem Fond auch die halbierten Weintrauben schwenken.
  4. Die Schalotte in feine Würfel schneiden. Die küchenfertigen Chanterelle-Pilze in aufschäumender Butter mit den Schalottenwürfeln schwenken, mit Salz und Pfeffer abschmecken und die Knoblauchpetersilie zugeben.

Anrichten

  1. Auf einem heißen Teller das winterliche Gemüsebouquet anrichten. Den Innereien-Croûton und die gebratenen Pilze so anrichten, dass sie dem Rebhuhn als Sockel dienen können.
  2. Die Maxim-Kartoffel auf das Gemüse legen. Die Rebhuhnbrust mit einem scharfen Messer halbieren und in der Mitte des Tellers platzieren. Mit der heißen Sauce leicht saucieren.

3 Kommentare

Beteilige dich an der Unterhaltung

3 Kommentare

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


  1. Hallo,
    ein wirklich tolles Interview! Ich finde es immer super interessant, von profis zu lernen 😀 Gibt es ein paar mehr Infos zu der am Anfag erwähnten Sous Vide gegarten Brust?
    Viele Grüße!

    1. Leider haben wir diese Infos nicht, jedenfalls nicht von Herrn Wohlfahrt. Bei diesem Rezept würde das wohl auch nicht funktionieren, wegen der Farce und den Champignons.

Aus Effilee #30, Herbst 2014
«
»