Spargel mit Sauce Hollandaise und Kratzete

Ein ausgereifter Klassiker: Spargel mit Sauce Hollandaise und Kratzete.

Der Volksmund reimt: Bis Johanni nicht vergessen: sieben Wochen Spargel essen. Heute werden in Deutschland zwar schon Ende April die ersten Köpfchen gesichtet – Tunnelfolien und Äcker mit Bodenheizung narren die Natur. Richtig rund geht es aber erst im Mai und Juni, wenn sich der Asparagus officinalis beherzt durchs warme Erdreich an die Sonne bohrt: Die Spargelsaison ist eröffnet.

Weißer Spargel ist Deutschlands erfolgreichstes Gemüse, der Spargelverbrauch steigt seit Jahrzehnten beständig. Auf mehr als 21 000 Hektar wird er kultiviert – Karotten und Möhren bringen es gemeinsam nicht auf die Hälfte der Fläche. Und überall wird stolz verkündet, einen besseren Spargel als den eigenen gäbe es nicht: In Nordrhein-Westfalen erfreut der Walbecker Spargel aus den Sandböden des Niederrheinufers, in Hamburg isst man Spargel aus dem Alten Land, Brandenburg schwört auf Beelitzer Spargel, in Bayern ist Schrobenhausener Spargel weltberühmt. Die streng regional geprägte Begeisterung der Deutschen zu ihrem Spargel ähnelt der Vereinstreue von Fußballfans. Das belegen auch die Zahlen zu Spargel-Importen aus EU-Ländern: Sie machen während der Saison nur 2 Prozent des Gesamtumsatzes in Deutschland aus.

Schon zu Römerzeiten machten Gerüchte über die aprhodisische Wirkung des Spargels die Runde.

Bei dieser Leidenschaft zum Gemüse aus der Familie der Liliengewächse wundert es, wie spät die Deutschen zum Spargel kamen. Immerhin genossen schon die alten Griechen wilden Spargel zum jungen Wein. Die alten Römer gerieten über die zarten Stangen sogar derartig in Verzückung, dass sie die Pflanzen kultivierten. Geschätzt wurde auch der medizinische Wert des Asparagus: Neben dem Wissen um die harntreibenden und reinigenden Eigenschaften machten schon damals Gerüchte über seine aphrodisische Wirkung die Runde. In Deutschland dagegen setzte sich der weiße Spargel erst im 19. Jahrhundert gegen den grünen durch, erhältlich war er zunächst nur in Apotheken und Klöstern.

Beim Spargelkochen dürfen keine Kompromisse gemacht werden. Die weitverbreitete Unsitte, das Kochwasser mit Zitronensaft zu säuern, um strahlend weißen Spargel zu bekommen, ist ärgerlich, denn dabei verliert der Spargel Eigengeschmack – schlimmstenfalls schmeckt er wie ein Erfrischungstuch. Auch die Zugabe von Weißwein macht es nicht besser. Ans Spargelwasser gehören nichts außer Salz und eine Prise Zucker zur Unterstützung des Eigengeschmacks. Die Zugabe von Butter ist ebenfalls sinnlos, sie hat den gleichen Effekt wie die Zugabe von Olivenöl ans Nudelwasser: Butter und Öl verschwinden mit dem Kochwasser im Abfluss.

Nach dem Kochen darf Spargel dagegen sehr gerne in Butter gebadet werden – eine unschlagbare Kombination. Spargel duldet nicht viele Beigaben oder Gewürze neben sich, mit einem Schinken aus der Region und gekochten Kartoffeln aus heimischem Anbau fühlt er sich am wohlsten. Auch eine Hollandaise passt, aber selbstverständlich nicht aus dem Tetra Pak! Und nicht vergessen: Spargel will kochwasserfrisch serviert werden!

Im Badischen serviert man zum Spargel gerne Kratzete, einen salzigen Schmarrn, der mit vielen Kräutern luftig gebacken wird. In Berlin und Brandenburg wird der Spargel mit Butterbröseln gereicht, dabei ist das Mengenverhältnis fürs kulinarische Glück ausschlaggebend – mehr Butter als Brösel sollten es sein, bestenfalls gibt es Bröselbutter. Und die Hessen servieren natürlich Grüne Sauce (Effilee #4) dazu, das passt auch zur Jahreszeit: Die frischen Kräuter schmecken im Frühsommer am besten.

Heute haben sich beim Spargelessen zum Glück Messer und Gabel durchgesetzt

Einst legten Spargelesser selig den Kopf in den Nacken, die Stangen wurde mit der Hand senkrecht von oben in den Mund geführt, so wie das heute nur noch beim Matjesfilet erlaubt ist. In vornehmen Häusern galt dies aber schon immer als unfein, dort wurde der Spargel mittig geknickt, aufgegabelt und strapaziös in den Mund geschoben. Heute haben sich zum Glück Messer und Gabel durchgesetzt.

Kirschen rot, Spargel tot reimt der Volksmund. Das Ende der Spargelzeit ist in Deutschland kalendarisch exakt festgehalten: am Johannistag, dem 24. Juni, ist Saisonende. Bis zum nächsten Jahr. Wer derweil die Spargel-Surrogate aus Peru oder Chile kostet, weiß: das Warten lohnt!

Spargel mit Sauce Hollandaise und Kratzete

für 4 Personen
  • 1 kg weißer Spargel
  • 40 g Schalotten
  • 150 ml Weißwein
  • 2 Lorbeerblätter
  • 2 Zweige Petersilie
  • 220 g Butter
  • 4 Eier (M)
  • Salz
  • Weißer Pfeffer
  • ½ Bund Petersilie
  • ½ Bund Schnittlauch
  • 150 ml Milch
  • 180 g Mehl
  • 2 EL Öl
  • 8 Scheiben Katenschinken
Zubereitungszeit: 1 Stunde
  1. Spargel schälen und in feuchte Tücher gewickelt beiseitestellen. Schalotten fein würfeln, mit Wein, Lorbeer und Petersilie aufkochen. Die Flüssigkeit auf die Hälfte reduzieren und durch ein Sieb passieren. 200 g Butter in einem Topf schmelzen, aufkochen und durch ein feines Sieb gießen. Die klare Butter beiseitestellen.
  2. 2 Eier trennen. Eigelb mit der Weinreduktion in einen Schlagkessel geben und über einem heißen Wasserbad dicklich cremig aufschlagen. Die Butter erst tröpfchenweise, dann in dünnem Strahl unterrühren, mit Salz und Pfeffer würzen. Zugedeckt warm stellen.
  3. Für die Kratzete 2 Eier trennen. Petersilie hacken, Schnittlauch in Röllchen schneiden, mit Eigelb und Milch verquirlen. Mehl zugeben und mit dem Handrührgerät zu einem glatten Teig verrühren. 10 Minuten quellen lassen. Eiweiß von 2 Eiern mit einer Prise Salz steif schlagen und unterheben.
  4. Teig in eine beschichtete Pfanne mit Öl geben und kurz stocken lassen. Pfannkuchen im heißen Ofen bei 180 Grad (Gas Stufe 2–3, Umluft nicht empfehlenswert) 8–10 Minuten auf der zweiten Schiene von unten backen. Aus dem Ofen nehmen, den Pfannkuchen auf der Arbeitsfläche mit zwei Gabeln in Stücke reißen. 20 g Butter in der Pfanne erhitzen und die Kratzete darin rundum hellbraun braten.
  5. Spargel in Salzwasser 10–12 Minuten kochen. Hollandaise aufrühren, mit Schinken und Kratzete zum Spargel servieren.
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Aus Effilee #10, Mai/Jun 2010
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