Koji Homemade

In dieser Ausgabe möchten wir Koji, den Superstar der japanischen Küche, selber züchten. Das ist mit etwas Aufwand verbunden, erfordert penibles Arbeiten und hohe Konzentration, aber es lohnt sich. Wenn man es ein zweites oder drittes Mal gemacht und mit einem großartigen Ergebnis belohnt wurde, geht es danach immer schneller von der Hand. Die japanische Köchin und Koji-Expertin Eiko Takahashi hat für Effilee Schritt für Schritt die Produktion vorbereitet

Was man braucht

  • 500 Gramm japanischen Rundkornreis. Langkornreis oder thailändischer Reis ist weniger geeignet, da deren Wasseraufnahme ungleichmäßiger ist und das Koji-Myzel ein rundes Korn gleichmäßiger durchsetzt. Japanischer Reis ist in asiatischen Supermärkten oder online zu erhalten.
  • 1 Gramm Koji-Sporen. Normalerweise rechnet man ein halbes Gramm auf 500 Gramm Reis, aber für das erste Mal nehmen wir die doppelte Menge. Wenn man mehrfach Koji hergestellt hat und sich in der Wohnung eine gesunde Pilzkultur entwickelt hat, kann die Menge sukzessive halbiert werden. Die Sporen sind im Internet erhältlich. Es gibt verschiedene Kulturen: Koji für Miso, Sake, oder Soyasauce ist bei ebay oder im Fachversand erhältlich oder kann direkt in Japan bestellt werden. Die Sporen sollten an einem kühlen und dunklen Ort gelagert werden und innerhalb von sechs Monaten verbraucht werden. Für längere Lagerung kann man sie vakuumieren und einfrieren.
  • Eine Digitalwaage, die auf ein Zehntelgramm genau wiegt, bekommt man ebenfalls für kleines Geld online.
  • Einen verschließbaren Container, in den eine Heizdecke und ein entsprechend großes Gefäß für das Koji passen. Eine Styroporbox ist günstig und eignet sich dafür hervorragend. Man kann stattdessen auch den Backofen benutzen. Ist nur das Licht eingeschaltet halten die meisten Backöfen eine Temperatur um 32 Grad. Vorheriges Nachmessen ist unbedingt erforderlich.
  • Eine regulierbare Heizdecke. Um ein einwandfreies Ergebnis zu erhalten, muss die Temperatur genau im Auge behalten werden.
  • Ein präzises digitales Thermometer. Am Besten eines, wo der Temperaturfühler an einem Kabel hängt. Der Fühler steckt während des gesamten Prozesses immer im Reis und ist zentrales Kontrollgerät. Vor Beginn der Produktion sollte gemessen werden, auf welcher Stufe die Heizdecke bzw. der Backofen die richtige Temperatur erreicht hat.
  • Zeit. Auch die Zeit ist ein entscheidender Faktor bei der Koji-Herstellung. Für die Produktion des ersten Batches Koji benötigen wir durchschnittlich 48 Stunden ohne Vorbereitungszeit, die je nach Jahreszeit variieren kann.
  • Ein kleines Haarsieb für das gleichmäßige Auftragen der Sporen.
  • Einen Bambus-Dämpfkorb oder einen anderen Dämpfaufsatz.
  • Ein Passiertuch. Ein Käsetuch oder eine unbenutzte Leinenwindel erfüllen denselben Zweck.

Am besten geeignet ist japanischer Rundkornreis

Koji-Sporen bekommt man im Versandhandel

Wichtig: ein sauberes Tuch, ein Haarsieb und eine präzise Waage
# 1: Reis waschen

# 2: gründlich wässern …

# 3: … und gründlich abtropfen lassen

# 4: Der Reis wird in einem traditionellen Bambuseinsatz gedämpft

#5: Gegart ist der Reis wie Knete
#6: Der Reis wird in ein Tuch eingepackt und kühlt langsam auf 45 °C ab


#7: Die Sporen werden genau abgewogen und auf dem Reis verteilt. Die Temperatur darf nicht unter 30 °C fallen

#8: Wenn der Pilz die Reiskörner völlig durchdrungen hat, riecht alles frisch und duftig

Koji Homemade

  • 500 g japanischer Rundkornreis
  • 1 g Koji-Sporen
Ganz wichtig: Alle verwendeten Gegenstände müssen zunächst mit kochendem Wasser sterilisiert werden.

  1. Zunächst wird der Reis gewaschen. Dazu benutzen wir eine Schüssel, damit wir sehen, wie viel Stärke noch im Wasser ist. Das Wasser muss nicht vollends klar sein, es geht vielmehr darum, die Unreinheiten vom Polieren abzuspülen. Das Waschen sollte recht zügig passieren, damit der Reis nicht zu stark quillt.
  2. Danach wird der Reis gewässert. Die Zeit variiert je nach Wassertemperatur und Jahreszeit. Man rechnet im Frühling mit 12 Stunden, im Sommer genügen 8, der Winter erfordert 20–24 Stunden. Dabei nimmt der Reis ca. 30 % an Gewicht zu. Er sollte zu hart zum Essen sein, sich aber zwischen den Fingern zerreiben lassen, so dass man seinen weißen Stärkekern sieht.
  3. Danach kommt er in einen Sieb, um in 2–4 Stunden vollständig abzutropfen, bis er völlig trocken ist. Dabei darf das Sieb nicht geschüttelt werden, damit die restliche Feuchtigkeit sich nicht erneut verteilt. Staunässe ist unbedingt zu vermeiden.
  4. Der getrocknete Reis wird in den mit einem Tuch ausgelegten Dämpfeinsatz gefüllt und gleichmäßig und ohne Druck verteilt. Sobald der Dampf durch den Reis aufsteigt, wird der Deckel aufgelegt und der Reis für 40 Minuten gedämpft. Das Wasser unter dem Einsatz muss dafür sprudelnd kochen.
  5. Nach dem Dämpfen sind die Körner transparent, ohne hellen Stärkekern und haben die Konsistenz von Mochi. Sie sollten innen saftig und außen trocken sein und sich sich wie Knete zwischen den Fingern modellieren lassen. So hält der Reis die Luftfeuchtigkeit während des folgenden Prozesses besonders gut. Der Reis wird in ein Tuch gepackt und dampft darin langsam aus, bis er auf 45 Grad abgekühlt ist.
  6. Hat der Reis die 45 Grad erreicht, nehmen wir ihn aus dem Tuch und lockern ihn vorsichtig, so dass wir eine gleichmäßige Oberfläche bekommen, und jedes Korn Sporen abbekommt. 1 Gramm Sporen in ein engmaschiges, feines Haarsieb geben und den Reis gleichmäßig mit der Hälfte bestäuben, danach den Reis umdrehen und mit der zweiten Hälfte bestäuben. Anschließend den Reis vorsichtig mit den Fingern durchmischen und sicherstellen, dass die Sporen gleichmäßig aufgetragen wurden. Das erfordert konzentriertes, sorgfältiges und zügiges Arbeiten. Währenddessen behalten wir das Thermometer im Auge, denn die Temperatur darf nicht unter 30 Grad sinken.
  7. Sind die Sporen gleichmäßig aufgetragen, wickeln wir den Reis wieder in sein Tuch, stecken das Thermometer ein, umwickeln das Ganze mit einem weiteren Handtuch und stecken es schließlich in eine Plastiktüte.
  8. Das Reis-Paket kommt in die Styropor Box, die von der Heizdecke mittlerweile auf 30 Grad erwärmt wurde. Die Temperatur wird in den nächsten Stunden ganz natürlich bis auf 38 Grad steigen. Hat die Temperatur 38 Grad erreicht, wissen wir, dass das Myzel des Pilzes zu wachsen begonnen hat.
  9. Falls die Temperatur vor Ablauf der 18 Stunden die 38 Grad erreicht, müssen wir das Koji herausholen und zum Lüften mit den Fingern auflockern. Kleine Mengen wie unsere sind schwieriger zu kontrollieren als große von 2 Kilo und mehr.
  10. Nach 18–24 Stunden sollte das Paket 38 Grad warm sein und wir holen es heraus. Ab jetzt muss unser Koji alle 6 Stunden belüftet werden. Die Reiskörner sind weißer und der Duft sollte an jungen Camembert erinnern. In Japan spricht man von Kastanienduft. Die kleinen Klümpchen schnell mit den Fingern lockern und dabei darauf achten, dass die Temperatur nicht unter 38 Grad sinkt.
  11. In dieser Phase geht es darum Protease und Amylase zu produzieren, zwei Enzyme, die den Reis zersetzen um ihn für den Pilz delektabel zu machen. Protease spaltet Proteine auf und bildet dabei die Aminosäuren, die für den gewünschten Umami-Boost verantwortlich sind. Amylase verwandelt die Stärke im Reiskorn zu Zucker und sorgt für natürliche Süße. Nebenbei entsteht auch noch Lipase, die macht Fisch und Fleisch weicher. Die Enzyme werden bei unterschiedlichen Temperaturen gebildet, deshalb ist es so wichtig, sie stets im Auge zu behalten. Zwischen 34 und 38 Grad bildet sich Protease, von 38 bis 42 Grad bildet sich Amylase.. Zur Unterstützung der Enzymproduktion sollte der Reis sich jetzt immer in einem Temperaturfenster zwischen 38 und 42 Grad befinden.
  12. Der warme Reis wird nun in ein flaches Behältnis aus Porzellan, Emaille oder Edelstahl gegeben, das zuvor auf Temperatur gebracht wurde. Für größere Mengen bevorzugt Eiko einen traditionellen Holzbottich, wie er auch für Sushi Reis verwendet wird. Dann decken wir das Behältnis mit einem frischen feuchten Handtuch ab und geben ihn zurück in die Box. Die Luftfeuchtigkeit in der Box liegt idealerweise bei mindestens 60 %, besser jedoch bei 70–80 %. Im Backofen sorgt eine Schale mit warmem Wasser für die nötige Luftfeuchtigkeit.
  13. Nun beginnt die Pflege des Koji, der fortan alle 6 Stunden belüftet werden muss. Die Temperatur liegt bei ca. 40 Grad, wenn wir das Paket öffnen um ihn mit den Fingern durchzupflügen. Die Reiskörner sollten allesamt inkubiert sein und nicht zusammenkleben. Abermals muss zügig gearbeitet werden, damit die Temperatur nicht unter 38 Grad sinkt. Den Reis wieder mit einem feuchten Handtuch abdecken und für weitere 6 Stunden in die Box stellen, dabei stets die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit im Auge behalten.
  14. Nach weiteren 6 Stunden sollte die Temperatur wieder auf über 40 Grad gestiegen sein. Ist sie deutlich höher, schalten wir die Heizdecke aus. Der Reis sollte nun für 6 Stunden die Temperatur von mindestens 40 Grad halten, damit genug Amylase produziert wird. Steigt die Temperatur während dieser Phase rapide an und überschreitet die 42 Grad, müssen wir abermals belüften und den Reis mit den Fingern lockern. Ab 45 Grad ermüden bestimmte Stämme des Koji und der Prozess wird beeinträchtigt.
  15. Da die Wachstumsbedingungen je nach Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Jahreszeit unterschiedlich sind, kann die Gesamt-Produktionszeit variieren. Nach durchschnittlich 48 Stunden hat der Pilz hat die Reiskörner völlig durchdrungen und sollte frisch und duftig riechen. Wenn die Körner außen flauschig aussehen, ist das Koji auf jeden Fall fertig und das Korn vollends vom Myzel durchdrungen. Läuft der Prozess weiter, verändert sich die Farbe ins Grünliche. Das ist nicht schädlich, bringt aber auch keinen geschmacklichen Mehrwert.
  16. Das Koji kann jetzt auf einem Backblech zum Trocknen ausgebreitet werden. Im Sommer erledigt das die pralle Sonne, im Frühjahr, Herbst und Winter trocknen wir es für 24 Stunden am besten in kleinen Partien in der Küche. Der Koji-Reis ist im Kühlschrank gut 2–3 Wochen im Gemüsefach haltbar, vakuumiert kann er bis zu 3 Monate tiefgefroren werden. Für beste Ergebnisse sollte er frisch weiter verarbeitet werden. Ab diesem Zeitpunkt stehen einem die Türen der Fermentation weit offen. Ob Shio Koji, Shoyu Koji, Amazake, Mirin oder Miso: Der Umami-Booster hebt alles auf ein neues Level.
chefeikotakahashi.com
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Aus Effilee #54, Herbst 2020
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