Kantine des Monat: Caterpillar Inc.

Dieses Mal: Caterpillar Marine in Kiel

Schon der Eingang wirkt düster und trostlos

Wer für die Caterpillar Inc., einen globalen Baumaschinenkoloss mit 100 000 Mitarbeitern, als Geschäftsführer die Geschicke der Schiffsmotorenfabrik in Kiel lenkt, tut dies auf historischem Boden. Er arbeitet in einer hübschen Jugendstilvilla, aus der heraus seine Vorgänger an der Kieler Förde seit 1877 den Bau von Torpedos und U-Bootkomponenten gesteuert haben. Aufgrund einer wechselhaften Geschichte (Krieg und Frieden, Werftenkrise, Finanzkrise) ist allerdings von Glanz und Größe nicht mehr viel übrig. Heute werden hier Schiffsmotoren bis zu der Größe eines Einfamilienhauses gefertigt.

Wenn der Geschäftsführer mittags Hunger hat, kann er in seinen großen, holzgetäfelten Besprechungsraum gehen. Dort steht ein schwerer Eichentisch mit 20 Plätzen vor einem riesigen Panoramafenster mit herrlichem Blick auf die Kieler Förde. Vielleicht genießt er dort ein Club Sandwich, den unverbaubaren Blick und die Ruhe, die durch ledergepolsterte Türen entsteht.

Seine Mitarbeiter gehen derweil in eine Kantine, die zum Schlimmsten gehört, was ich erlebt habe. Der Speiseraum im Erdgeschoss ist düster und stinkt nach billigem Essen, richtig sauber wirkt nichts. Von lieblos kann man nicht sprechen, ignorant trifft es besser. Auf niedrigerem Niveau kann man kaum kochen: Das Schweinesteak mit Bratensauce ist fettig und zäh, in der Gulaschsuppe nach Balkan Art findet sich nichts, das wie Fleisch, aber vieles, das wie Geschmacksverstärker schmeckt. Am Freitag Schaschlik mit Zigeunersauce und Reis – das Beste ist der Holzspieß. Vielleicht ist das ein Erbe des U-Bootbaus – Marinesoldaten waren froh, überhaupt etwas zu essen zu bekommen. Meutereien gibt es deswegen noch heute, man nennt das jetzt innere Kündigung.

Text und Foto: Serge Gorodish

Aus Effilee #16, Mai/Juni 2011

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Aus Effilee #16, Mai/Jun 2011
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