Fett und Wasser mögen sich nicht. Sie wollen so wenig wie möglich miteinander zu tun haben. Schüttet man Öl in einen Topf mit Wasser und rührt kräftig um, dauert es nicht lange, und es versammelt sich unten das Wasser und oben das Öl. Menschen jedoch lieben Fett und Wasser, Muttermilch besteht im Wesentlichen genau daraus. Sie stillt den Durst des Säuglings und seinen Hunger gleichermaßen; sie gibt ihm alles, was er zum Leben braucht. Kein Wunder, dass wir – auch wenn wir erwachsen sind – Essen besonders attraktiv finden, wenn es uns daran erinnert.
In der Milch trennen sich Fett und Wasser nicht (bzw. nicht so schnell) voneinander. Der Grund: Sie haben eine Emulsion gebildet. So nennt man das, wenn zwei Flüssigkeiten, die sich eigentlich nicht mischen wollen, eben doch vermischt werden. Dabei bildet die eine Flüssigkeit winzige Tröpfchen, die in der anderen Flüssigkeit schwimmen. Im Fall der Milch schwimmen Öltröpfchen im Wasser, daher spricht man konkret von einer Öl-in-Wasser-Emulsion. Die beiden Flüssigkeiten werden übrigens auch als Phasen bezeichnet, die kontinuierliche und die Tröpfchenphase.
Wasser und Öl stoßen einander ab, weil ihre Moleküle einen entscheidenden Unterschied aufweisen: Wassermoleküle sind polar, sie haben – grob vereinfacht – ein positiv geladenes Ende und eines, das negativ geladen ist, wie winzig kleine Magneten gewissermaßen. Anders die Fettmoleküle, die weitgehend neutral sind. Die positiven und die negativen Enden der Wassermoleküle ziehen sich gegenseitig an, die Fettmoleküle sind dabei eigentlich nur im Weg. Deshalb werden sie zur Seite gedrückt, treffen auf andere Fettmoleküle und sondern sich ab.
Damit sich Öl und Wasser nicht sofort wieder voneinander trennen, muss ein Emulgator ins Spiel kommen. Das ist ein Stoff, dessen Moleküle auf der einen Seite gut mit dem Wasser klarkommen, auf der anderen Seite aber auch mit dem Fett. Er verringert die Spannung an der Grenzfläche zwischen den Flüssigkeiten. Die Neigung, sich zu entmischen, ist damit zwar nicht ganz aufgehoben, aber doch entscheidend verringert. So ein Emulgator ist zum Beispiel das im Eigelb enthaltene Lecithin.
Ich kenne in meinem privaten Umfeld wenige, die sich mal selbst an eine Mayonnaise oder gar eine Hollandaise wagen. Der Grund ist, dass diese Saucen als schwierig und unberechenbar gelten. Es gibt da allerlei Mythen, so darf man angeblich nur im Uhrzeigersinn rühren, nicht bei Vollmond und Frauen, sagt man, wird jede Hollandaise misslingen, wenn sie ihre Tage haben. Das ist natürlich alles Quatsch. Beide Saucen sind in Wirklichkeit so einfach herzustellen, dass es überhaupt keinen Grund gibt, auf Fertigware zurückzugreifen.
Mayonnaise zum Beispiel: Entscheidend ist, sehr frische Eier zu verwenden. Die sollten nicht direkt aus dem Kühlschrank kommen und in etwa dieselbe Temperatur wie das Öl haben. Die Eier werden getrennt, der Dotter in einer Schüssel verrührt und dann zuerst eine sehr kleine Menge Öl kräftig mit dem Schneebesen hineingeschlagen, bis die Mischung Stand hat. Wenn dieser Anfang gelungen ist, kann man das Öl etwas mutiger, in dünnem Strahl hinzugeben.
Warum ist der Anfang so wichtig? Nun, damit die Emulsion entsteht, muss das Öl mit dem Schneebesen in winzig kleine Tröpfchen zerteilt werden, zwischen denen sich eine durchgehende (kontinuierliche) Schicht Wasser befindet. Am Anfang kann das Öl dem Schneebesen noch relativ leicht ausweichen. Wenn später immer mehr kleine Tröpfchen entstanden sind, steigt die Viskosität der Emulsion, sie wird zähflüssiger und entsprechend besser kann die Energie des Schneebesens auf das zugegebene Öl einwirken. Die Tröpfchen, die sich bereits in der Emulsion befinden, wirken gewissermaßen wie eine Mühle, mit der das neu hinzugekommene Öl zerteilt wird. Je mehr Öl eingearbeitet wird, desto fester wird die Mayonnaise. Das liegt daran, dass es immer enger wird für die Öltröpfchen, was ihre Bewegungsfreiheit mehr und mehr eingeschränkt. Gibt man wieder Wasser (oder Essig, Wein, Zitronensaft …) hinzu, wird die Mayonnaise flüssiger und leichter.
Die winzigen Öltröpfchen, die im Wasser schwimmen, können übrigens auch viel leichter in die kleinen Grübchen auf der Zunge eindringen, wo wir Geschmack empfinden. Daher nehmen wir in der Mayonnaise das Aroma des verwendeten Öls beträchtlich stärker wahr. Bei der Verwendung von geschmacksintensiven Ölen ist deshalb Vorsicht geboten, eine Mayonnaise aus Olivenöl kann nahezu ungenießbar sein. Besser ist es, ein mildes, neutrales Öl (z. B. Sonnenblumenöl) zu verwenden und dies mit einem oder zwei Teelöffeln Olivenöl zu mischen.
Bei der Hollandaise ist ein ganz wesentlicher Unterschied der, dass das Eigelb gegart wird. Dabei entfalten sich in der Flüssigkeit die Eiweißmoleküle und verbinden sich zu einem Netz. In diesem Netz sind die Tröpfchen, in diesem Fall das Butterfett, gewissermaßen gefangen, was zur Stabilität der Sauce beiträgt.
Für die Hollandaise wird daher das Eigelb mit Flüssigkeit, zum Beispiel Weißwein warm aufgeschlagen. Dabei kann in der Tat etwas schiefgehen, wenn das Ei zu heiß wird. Dann gerinnt es und man bekommt Flöckchen statt einer cremigen Sauce. Deshalb braucht man einen schweren Topf, in dem sich die Hitze gleichmäßig verteilt und der am Übergang zum Boden abgerundet ist, so dass man mit dem Schneebesen überall hin kommt. Die Temperatur muss gar nicht höher sein als 60–65 Grad, die kleinste Einstellung der Herdplatte reicht dafür normalerweise. Die Masse sollte luftig, voluminös und so fest sein, dass die Spuren des Schneebesens an der Oberfläche nicht mehr verlaufen.
Anschließend wird die geschmolzene Butter, die wieder auf ca. 60 Grad abgekühlt sein sollte, vorsichtig eingerührt. Auch hier gilt: Für das Gelingen der Emulsion muss ausreichend Wasser vorhanden sein. Die Butter bringt das eigentlich mit, der Wassergehalt liegt bei etwa 10–15%. Man muss aber unbedingt daran denken, dass sich dieses Wasser unten im Topf befindet, deshalb rührt man die geschmolzene Butter am besten direkt vor der Verwendung nochmal durch.
Besonders wichtig ist, so erklärt Heinz Wehmann vom Landhaus Scherrer, die Hollandaise erst am Schluss zu salzen. Sie werde dann wesentlich feiner, leichter und lockerer. Das klingt zunächst wie einer der oben genannten Mythen, deshalb haben wir es ausprobiert. Tatsächlich wird die Eigelb-Weißwein Mischung schneller fest und auch etwas zäher, wenn von Anfang an Salz dabei ist. Rührt man die Butter unter und schmeckt alles noch mit etwas Zitrone ab, bekommt man eine Hollandaise, die durchaus gelungen ist, wie man sie kennt eben. Rührt man hingegen Eigelb und Weißwein zunächst ohne Salz auf, bekommt man deutlich mehr Volumen. Das Salz wird am Schluss zugegeben. Die fertige Sauce ist wesentlich leichter, feiner und schmeckt weniger fett. Der Unterschied ist beträchtlich, obwohl beide Male die exakt gleichen Zutaten verwendet wurden.
Mayonnaise
- 2 Eigelb
- 200 g neutrales Öl
- Senf, Salz, Essig, Zitrone, aromatische Öle nach Geschmack
- Das Eigelb mit einigen Tropfen Öl kräftig aufschlagen, bis die Masse Stand hat. Anschließend das Öl in dünnem Strahl zugeben und weiterschlagen. Nur soviel zugeben, wie auch schnell aufgenommen wird.
- Wenn die gewünschte Konsistenz in etwa erreicht ist, die Geschmackszutaten hinzugeben. Dabei verändert sich unter Umständen die Konsistenz noch, durch die Zugabe von Öl wird die Mayonnaise fester, Wasser bzw. Zitronensaft oder Essig machen sie leichter und flüssiger. Salz und Senf verhalten sich in diesem Sinne neutral.
Sauce Hollandaise
- 3 Eigelb (60 g)
- 60 g Weißwein
- 8 g Estragonessig
- 3 g Salz
- 250 g Butter
- Die Butter vorsichtig schmelzen und den Topf beiseitestellen, damit sie wieder abkühlen kann.
- Eigelb mit Weißwein in einen schweren Topf auf kleinster Flamme oder in einem Schlagkessel auf dem Wasserbad mit dem Schneebesen kräftig aufschlagen. Die Temperatur sollte zwischen 65 und 70 Grad liegen. Das Ei darf auf keinen Fall gerinnen, aber die Masse sollte soviel Stand haben, dass die Spuren des Schneebesens sichtbar bleiben.
- Von der Herdplatte nehmen und die Butter in dünnem Strahl einarbeiten. Mit Salz und Estragonessig abschmecken. Möglichst schnell servieren, bis dahin warm halten.