Ich bin bekennender Befindlichkeitstrinker, als solcher bevorzuge ich manchmal einen filigranen Wein, ein anderes Mal vielleicht einen kolossalen. Mit Entscheidungen, ob nun der eine oder andere tatsächlich der unumstößlich bessere sei, tue ich mich schwer. Meiner Befindlichkeit bewusst, ziehe ich gerade Jürgen und Maren Fendts Spätburgunder aus dem kapriziösen Jahrgang 2010 dem üppigen 2009er vor. Weil mir justament nach Feinheit und Grazie und nicht so sehr nach Fülle und Schmelz zumute ist. Doch Klasse haben beide Weine. Jürgen und Maren Fendt bewirtschaften fast drei Hektar Reben in der Ortenau und zudem ein paar winzige Schieferflecken an der mittleren Mosel. Ein überschaubares Projekt könnte man meinen, wenn man nicht wüsste, dass Jürgen Fendt fünf Tage in der Woche als Chef-Sommelier dem noblen Hotel Bareiss verpflichtet ist. Fendts Frau Maren kümmert sich fast ausschließlich um die Weine. Ihre Spätburgunder mit den monolithischen Titeln ZWEINULLZEHN und ZWEINULLNEUN sind nicht nur flüssige Aufzeichnungen zweier dramatisch unterschiedlicher Jahrgänge, sondern auch einfach köstlich: fragil und zartfruchtig der 2010er, kraftvoll und konzentriert der 2009er. Von jenem Letzten jetzt noch ein Schluck: Delikat. Erkenntnis: Was stört mich mein Geschmack von vorhin.
Text: Axel Biesler
Meine Meinung …