Schöne Geschichten über Teilchen

Johannes Arens fährt seit 15 Jahren im Sommer nach Frankreich. Das ging in diesem Jahr nicht. Gereist ist er trotzdem – in der Fantasie. Er hat französische Patisserien besucht. Nun macht er daraus ein Buch

Was ist für dich das Besondere an der französischen Pâtisserie? Croissant, Pain au Chocolat oder Éclairs gibt es doch auch in Deutschland – und nicht mal schlechte.

Das stimmt, aber die sind eben hier und nicht in Frankreich. Das Schöne am Essen auf Reisen ist ja, dass wir immer auch den Kontext mitverspeisen, die Sonne, den Ausblick, die Luft und die Stimmung im Allgemeinen. Es ist ja mittlerweile ein Gemeinplatz, dass die Mitbringsel zu Hause nur halb so gut schmecken.

In meiner Ersatzreise ging es ja genau um diese Verknüpfung von Gebäck und Zutaten, Orten und Personen, Techniken und Tradition. Im erweiterten Sinne also das, was man beim Wein als Terroir bezeichnet.

Auf startnext lese ich, Johannes Arens hat die Pâtisserie über Boeuf bourgignon etc. 15 Jahre lang nicht im Blick gehabt.

Meine Mutter stammt aus dem Saarland, bis zu ihrem 16. Lebensjahr hatte sie einen französischen Pass. Beides hat meine kulinarischen Interessen geprägt – die Liebe zu Frankreich und der Heißhunger auf alles Deftig-Herzhafte. Daher lag der Fokus beim Reisen eigentlich immer auf Wein, Wurst und Käse – auch wenn ich mit einem ehemaligen Konditor verheiratet bin.

Nun hast du ein Buch über die Pâtisserie geschrieben? Warum?

In den letzten 15 Jahren habe ich Frankreich ganz systematisch erkundet, von der Normandie bis zum Mittelmeer, vom Jura bis zur spanischen Grenze. Und eigentlich wollte ich diese Untersuchung in diesem Jahr mit einer Tour entlang der Côte d’Azur abschließen. Dann kam Corona und ich habe im Mai schon beschlossen, nicht zu fahren. Manchmal hat man ja so eine Vorahnung. Weil aber ein Sommer ohne Frankreich kein Sommer ist, musste ein Alternativprojekt her und eine Herausforderung. Eine Challenge, würde man auf Neudeutsch wohl sagen.

Ich würde mich selber als ambitionierten Hobbykoch bezeichnen, aber Backen war nie mein Ding. Dafür bin ich eigentlich zu unpräzise, vielleicht auch zu fahrig in der Küche.

Im August habe ich mich aber dann trotzdem zwei Wochen an den Ofen gewagt. Vorher hatte ich 14 regionale Spezialitäten und ihre Geschichte recherchiert. Die habe ich dann Stück für Stück nachgebacken, mich an die Besuche vor Ort erinnert und darüber geschrieben.

Also schöne Geschichten über Teilchen?

Hoffentlich. Aber dabei ist es nicht geblieben. Jeden Abend bin ich mit den Ergebnissen rüber ins Atelier. Die Kölner Foodfotografin Jennifer Braun hat das Gebäck wunderbar elegant in Szene gesetzt, ganz im Stil der Kochbuchfotografie der 1970er-Jahre.

Aber auch danach ist die Reisegruppe noch gewachsen, ich habe mit einer Pâtissière und einer Sommelière gesprochen und eine Wirtschaftshistorikerin hat uns den Hintergrund von ein paar Zutaten beleuchtet.

Hast du bei der Recherche noch etwas Besonderes über ein Gebäckstück oder die Geschichte deines Gebäckstücks erfahren?

Die Rezepte kommen alle aus Frankreich, teils aus Büchern, teils aber auch von Menschen aus den einzelnen Regionen. Die Anleitung für die Macarons d’Amiens stammt von einem Konditor vor Ort. Der hat mir seine Rezeptur auf eine Postkarte geschrieben und zugeschickt. Das fand ich sehr rührend. Später habe ich bei der Recherche erfahren, dass er der Neffe von Brigitte Macron ist. Vielleicht müssen wir einfach mal ein Exemplar nach Paris schicken.

Und wann erscheint das Buch nun?

Wir finanzieren den Druck über Crowdfunding und sammeln das Geld noch bis zum 18. Dezember ein. Ich bin mir sicher, dass wir das schaffen werden. Und wie beim Gebäck auch setzten wir auf Handwerk und produzieren in einer klassischen Druckerei in zweiter Generation. Verschickt werden die Bücher dann erst im Februar, aber wir haben einen wunderschönen, handsignierten Gutschein für unter den Weihnachtsbaum.

Meine Meinung …

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