We are located behind the Jungle Jim’s Restaurant in the Bidgood Shopping Plaza at 355 Main Road, Goulds. There isn’t a sign on the door. Look for a blue Subaru.«
Das sind meine Anweisungen. Nach zehn Tagen Neufundland mache ich mir überhaupt keine Sorgen, dass auch das klappen wird. Bei der Planung dieser Reise, bei der es eigentlich gar nicht um Käse geht (aber dann eigentlich doch, weil ja alles irgendwie zusammenhängt), habe ich über Adam Blanchard und Five Brothers Cheese gelesen; muss ich natürlich hin.
Kurzeinführung Neufundland: zusammen mit Labrador seit 1949 zehnte Provinz Kanadas. Äußerster nordöstlicher Zipfel Nordamerikas. Ab dem 17. Jahrhundert aufgrund der reichen Kabeljaubestände vor allem von Iren und Engländern besiedelt. Wegen extremer Überfischung seit 1992 nahezu vollständiges Fangverbot, seitdem grundlegende, mehr oder weniger erfolgreiche kulturelle und soziale Neuorientierung.
Käse in Neufundland: im Supermarkt vom kanadischen Festland (und nichts gegen kanadischen Cheddar!), in anspruchsvolleren Restaurants nahezu ein Monopol von Lyndell Findlay und ihrem Käserei-Start-up Blue Harbour Cheese in Halifax, Nova Scotia, einhundert Flugminuten südwestlich von hier (auch das kein Grund zur Kritik, ganz im Gegenteil). Nur in der Weinbar Chinched in St John’s stieß ich auf neufundländischen Stoff, den Avalon Aged Cheddar von Five Brothers - und das ist tatsächlich die einzige Käserei Neufundlands!
Ich kurve um die Shopping Mall herum, finde dann Jungle Jim’s, schließlich auch den blauen Subaru und die richtige Tür, und schon begrüßt mich Adam: Groß und auf eine Weise stämmig, die solide und verlässlich wirkt, mit kurzen dunklen Haaren und den ersten grauen Einsprengseln des Anfang-Vierzigers im Vollbart.
»Es ist eigentlich Wahnsinn«, sagt er, als wir in dem kleinen Vorraum der Käserei sitzen, der als Büro dient. »In Neufundland produzieren wir mehr Milch, als wir konsumieren, verarbeiten sie aber nicht, sondern verschiffen sie nach New Brunswick, das ähnlich weit entfernt wie Nova Scotia auf dem kanadischen Festland liegt, wo sie Milchpulver daraus machen. Und dann bringen wir auf den Schiffen Käse, Joghurt und Butter wieder hierher. Wenn die Fähren mal aus irgendeinem Grund nicht fahren, haben wir Lebensmittelvorräte für ganze drei Tage auf der Insel! Uns fehlen verarbeitende Unternehmen, wir sind immer noch dabei, uns neu aufzustellen nach dem Kollaps der Fischerei. Wir sind der einzige milchverarbeitende Betrieb der Provinz.«
Adam hat eine Kochausbildung gemacht und lernte dann jemanden kennen, der als Quereinsteiger Käse machte. Das beeindruckte ihn, er bestellte im Internet eine Käsepresse und brachte sich zu Hause das Käsemachen bei. 2011 stand er damit das erste Mal auf dem Farmers’ Market - und die Nachfrage war überwältigend. »Ich dachte mir, wenn ich da jetzt nicht voll einsteige, dann macht es jemand anders - sink or swim!«
Er habe sich in seinem Leben sicher ein paar mal falsch entschieden, meint er, aber beim Käse lag er richtig: »Ich habe Julia kennengelernt, wir haben zwei Kinder …«
Julia stammt aus Neufundland, hat in Restaurants in Toronto gearbeitet und kam dadurch an die Käsetheke. Das Unternehmen wächst langsam. Das Gebäude war eine leere Halle, sie mussten alles neu aufbauen, und es gab keine Nachbarn, bei denen sie oder die Handwerker sich Rat holen konnten. Der Tausend-Liter-Kessel ist schon wieder zu klein, so planen beide gerade den nächsten Umzug. Dieses Mal wird ein eigener Laden dabei sein, denn das ist Julias Traum.
Sie produzieren Cheese Curds für Poutine und Sandwiches, Cheddar, Queso Fresco und Frischkäse. Blauschimmelkäse würde im Moment überhaupt keinen Sinn ergeben, meint Adam. »Wir möchten Käse für alle machen. Als ich Kind war, gab es Cheez Whiz, Scheibletten und orangen Cheddar von Cracker Barrel. Für meine Großeltern bedeutete Käse zumindest noch ein riesiger Laib Cheddar beim Händler. Da wollen wir wieder hin. Wir versuchen unsere Käse reifen zu lassen, aber bis jetzt haben wir keinen richtigen Reiferaum, deshalb müssen wir noch mit Folie arbeiten.«
Und dann holt er ein Stück gereiften Cheddar - den ein Jahr alten, den ich gleich abends im Hotel zu kanadischem Pinot Noir als Late-Night-Picknick mit großem Vergnügen vernichtet habe? Nicht ganz, lächelt Adam, der sowieso gerne zu lächeln scheint und damit meinen Eindruck der grundsätzlichen Freundlichkeit der Inselbewohner bestätigt. Das hier ist eine Charge aus unbehandelter, also nicht erhitzter, roher Milch! Oha. Und tatsächlich, hier ist noch mal eine ganz andere Komplexität, alles ein wenig dichter, als habe man die Pixelzahl eines Bildes hochgesetzt, die Säure und die ebenso cheddartypischen Bitternoten ganz eingewoben in die milchigen Aromen, die Textur mürbe und saftig zugleich. So schmeckt Neufundland. Ach, und der Name? Adam hat vier jüngere Brüder.
Five Brothers Artisan Cheese
Julia Bannister & Adam Blanchard
Goulds
Neufundland, Kanada
Meine Meinung …