Jörg Meyer, 44 Jahre, Bar Le Lion, seit 2007, 16 Mitarbeiter

Fakt ist: So schlimm es auch gerade ist, Jammern bringt nichts. So what? Es geht fast jedem gerade schlecht damit. Unterschiedlichste Berufsgruppen und Unternehmen. Es ist alles gerade gar nicht lustig,mir wurde gerade staatlich verboten, mein Geschäft zu betreiben. Ich kann nicht mal sagen: o.k. ich mache jetzt irgendwie das Beste daraus, halte nötige Vorschriften ein, reduziere einiges, setze neue Ideen um – ich darf: Nichts.

Aber es geht nicht darum, dass ich das jetzt entscheiden möchte oder gar leichtfertig mit dem Thema umgehe! Ich muss stillhalten und abwarten. Es geht um Menschenleben und die Gesundheit – und da hört der Spass auf.

Als Betreiber einer Bar kann ich jetzt nicht mal ansatzweise die Garantie geben, dass es danach so weitergeht wie bisher

Ich habe meine Mitarbeiter gleich in Kurzarbeit geschickt – weil sehr schnell klar war, dass wir komplett schliessen müssen. Wir haben ca. 55.000 Euro nur an Personalkosten jeden Monat! Es war also absehbar: das werden wir nicht tragen können. Ich habe jedem meiner Mitarbeiter freigestellt, was er jetzt machen möchte. Ob er in dieser Lage weiterhin im Team bleiben möchte. Als Betreiber einer Bar kann ich jetzt nicht mal ansatzweise die Garantie geben, dass es danach so weitergeht wie bisher. Meine Worte dazu: »Ihr müsst Euch das jetzt genau überlegen: vielleicht bleibt ihr zwei Monate daheim und danach können wir wieder so langsam beginnen, aber vielleicht dauert das auch alles richtig lang. Denkt darüber nach, ob ihr nicht was ganz anderes machen wollt: ihr seid jung – und habt vielleicht noch ganz andere Ideen im Kopf, was ihr machen könnt, gerade jetzt in dieser Situation. Allerdings hat das bisher keiner gemacht. Was mich natürlich auch sehr freut!«

Ich glaube, es wird nichts wieder so sein wie vorher. Neue Welt. Brave new Order. Es wird alles neu gemischt. Die Gastronomie wird wieder öffnen, aber ziemlich sicher mit Mundschutz. Du wirst in meiner Bar wahrscheinlich auch damit bedient werden und selbst einen tragen müssen. Und gleich am Eingang mit Desinfektionsmittel begrüßt werden. Und das wird alles plötzlich ganz normal sein. Viele Spirituosen-Unternehmer haben mich gefragt, was können wir jetzt tun, auch für euch Gastronomen? Ich glaube, noch wichtiger als Geld zu geben ist, sich neue Ideen zu überlegen, für die Wiedereröffnung der Läden. Zum Beispiel in Form von Mundschutz, das aber in cool oder eine elegante Lösung für Hand-Sanitizer, die für die Gäste bereit stehen.

Wir in der Gastronomie waren ja, zusammen mit der Eventbranche, die ersten, die Corona gemerkt haben: es wurde ja nicht alles auf einmal verboten – sondern schrittweise. Dabei gehörten wir zu der ganz falschen Kategorie, zu denen, die gleich als erstes schliessen mussten: Bars und Nachtclubs. Und ich habe auch Angst, dass wir wieder rausfallen, wenn die ersten Lockerungen in der Gastronomie kommen.

Ich glaube, es wird noch ein bisschen dauern, bis die Art, wie wir gelebt haben, wieder in den Vordergrund tritt, mit dieser Vielfalt in der Gastronomie. Das ist gerade so etwas wie eine Naturkatastrophe. Aber sobald wir wieder langsam öffnen dürfen, bin ich mir sicher: ich krieg das schon irgendwie wieder hin, gemeinsam mit meinem Team!

Gestern habe ich mit meiner Frau eine Radtour gemacht – einen schönen Tag für uns beide. Auch eine positive Seite der Krise: Zeit miteinander. Wir haben uns auch viel darüber unterhalten, was das alles mit uns macht. Und ich finde, da sind auch viele tolle Dinge dabei. Wir alle sind ganz plötzlich komplett ausgebremst worden, so aus dem Nichts. Man muss sich jetzt mit ganz vielen Dingen konfrontieren, wovor man eigentlich sonst immer weglaufen konnte. Was ist wirklich sinnvoll ? Was will ich wirklich ? Man merkt doch eigentlich gerade auch: man selbst ist gar nicht mehr so wichtig

Meine Mutter ist mir ein Vorbild, die jetzt alles in ihrem Landgasthof ausser Haus anbietet. Egal was bisher im Leben war, sie hat sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen.

Ich denke, vieles wird jetzt bereinigt! Und ich finde vieles gerade sehr interessant. Auch gastronomisch. Ich mache im Grunde schon immer Gastronomie – ich bin so gross geworden. Meine Eltern hatten einen Landgasthof mit deftiger, einfacher guter Küche – und meine Mutter Thea betreibt den mit ihren knapp 75 Jahren immer noch! Und über die Jahre ist immer wieder eine neue Entwicklung passiert. Meine Mutter ist mir ein Vorbild, die jetzt alles in ihrem Landgasthof ausser Haus anbietet. Egal was bisher im Leben war, sie hat sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Ihr Satz zur Corona-Krise: »Ich werde jetzt halt noch zwanzig Jahre hart arbeiten – und dann in Rente gehen! Wie das halt so ist. Alle anderen sind Lappen!«

Meine Meinung …

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