Hülsenfrüchte einweichen

Hülsenfrüchte sollen vor dem Garen quellen. Warum eigentlich? Susi Wilkat weiß es.

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Butterbohnen werden in Wasser eingeweicht

In meiner Lehrzeit habe ich immer gedacht, Hülsenfrüchte (Schmetterlingsblüter, Leguminosae) müsse man quellen lasen, damit sich die Garzeit verkürzt. Aber dann habe ich zu zweifeln begonnen und Experimente gestartet. Die Resultate waren fast immer gleich: Die Kochzeit verkürzte sich nicht wirklich wesentlich. Erst Jahre später erfuhr ich, dass der Hintergrund dieses Verarbeitungsschrittes ein ganz anderer ist.

Das Einweichen der Hülsenfrüchte sorgt dafür, dass ihre Außenhaut weich wird, was zwar tatsächlich den späteren Kochvorgang erleichtert und man ältere Früchte ohne Beschädigung der Außenhaut kochen kann. Aber vor allem werden dadurch unverdauliche Kohlenhydrate abgebaut.

Hülsenfrüchte enthalten Raffinose, ein Kohlenhydrat, das durch die Verknüpfung von drei chemischen Ringstrukturen entsteht: von Fruktose, Glukose und Galaktose. Glukose und Galaktose, aus denen zum Beispiel unser Haushaltszucker besteht, können wir ohne weiteres metabolisieren, „verstoffwechseln“. Aber uns fehlt ein Enzym, um Galaktose zu assimilieren, so dass sie unaufgespalten in unseren Dickdarm wandert und dort von der Darmflora, insbesondere von den Escherichia-coli-Bakterien aufgenommen wird. Diese Mikroorganismen setzen daraufhin Wasserstoff, Kohlendioxid und Methan frei – drei Gase, die Blähungen erzeugen.

Durch das Einweichen der Hülsenfrüchte wird ein Teil der Raffinose im Quellwasser gelöst. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb ich das Einweichwasser nicht zum Kochen der Hülsenfrüchte verwende: Zwar enthält es einige der ausgeschwemmten wasserlöslichen Vitamine, aber eben auch einen Teil der Rafinose, die Blähungen verursacht. Hier entscheidet jeder selber, was er lieber will!

Ein weiteres Mittel, die Galaktose zu entfernen, besteht darin, die Hülsenfrüchte keimen zu lassen, denn beim Keimvorgang entsteht Galaktosidase, ein Enzym, welches Galaktose zerstört.

Das Kochwasser für Hülsenfrüchte sollte übrigens nicht sehr kalkhaltig sein, da die Hülsenfrüchte darin nicht richtig garen und hart bleiben. In Gegenden mit stark kalkhaltigem Wasser hilft es, dem Kochwasser Natriumbikarbonat (Natron) beizufügen. Pflanzliche Zellwände bestehen aus Pektinabkömmlingen, die den Zusammenhalt des Gewebes bewirken. In einer sauren Umgebung sind ihre Bindungen fester als in einer basischen. Natron ist basisch und trägt so dazu bei, die Pektine zu spalten und die Hülsenfrüchte weich zu machen.

Außerdem sollte man das Kochwasser nur langsam erhitzen. Kocht man Hülsenfrüchte zu schnell auf, sind sie außen breiig weich und innen noch nicht ganz durch. Muss man weiteres Wasser zugießen, nachdem die Hülsenfrüchte kochen, sollte man nur heißes Wasser verwenden, da sie beim Zufügen von kaltem Wasser platzen können.

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  1. Habe letzte auch mal Hülsenfrüchte aufgekocht! Leider ist mir genau das passiert, was du geschrieben hast! –> Außen Weich, Innen Roh!
    Ich probier’s nochmal – danke für die Tipps!

  2. Eine interessante Theorie, aber leider auch nicht ganz richtig.

    Zunächst einmal zur Raffinose: Raffinose ist ein sogenanntes Trisaccharid, ein Dreifachzucker. Er besteht, wie es richtig im Artikel genannt wurde, aus den drei Monosacchariden Galactose, Fructose und Glucose. Unsere Darmenzyme sind nicht in der Lage, die glycosidische Bindung dieses Trisaccharids zu spalten, das heißt, es in seine drei Bestandteile zu trennen, die dann einzeln verdaut werden können. Mit der darin enthaltenen Galactose hat das aber nichts zu tun. Diese ist ja bereits ein Monosaccharid und kann als solches nicht weiter „gespalten“ werden. Ausserdem wird Galactose problemlos aufgenommen – Milchzucker besteht zur Hälfe aus Galactose.

    Richtig ist, das ein Zusatz von Natriumcarbonat zum Koch- und auch Einweichwasser, insbesondere wenn es sich um hartes Wasser handelt, dabei hilft, die harten, aus Zellulose bestehenden Zellwände der Hülsenfrüchte aufzuschließen und somit sowohl den Koch- als auch den anschließenden Verdauungsvorgang zu erleichtern. Das hat aber rein „mechanische“ Gründe: aufgeschlossene Zellwände bieten den Verdauungsenzymen mehr Angriffsfläche. So können die in den Zellen enthaltenen Proteine und Kohlenhydrate besser absorbiert werden und gelangen nicht in den Dickdarm, wo sich unfreundliche Bakterien an ihnen laben und uns Unwohlsein bereiten.

    Der eigentliche Gehalt an Zellulose (unlöslicher Ballaststoff) und auch an Raffinose oder Pektin (lösliche Ballaststoffe) reduziert sich dagegen auch bei langem Einweichen kaum. Das wäre aber auch überhaupt nicht wünschenswert, denn bei den beiden letzteren handelt es sich um sogenannte Prebiotika, die eine gesunde Darmflora (also die freundlichen Bakterien) fördern und einen Gutteil der positiven gesundheitlichen Wirkung von Hülsenfrüchten ausmachen.

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