Herbert Schönberner: Barfuß oder Lackschuh!

Die Sensation trug sich vor einem knappen halben Jahrhundert zu: Ein junger Koch heuert in einem Kölner Gasthaus an und erkocht – als erster Deutscher – fast aus dem Stand drei Sterne. Ein Besuch bei der Kochlegende Herbert Schönberner

Warum hast du eigentlich kein Band laufen?«, fragt Herbert Schönberner und nimmt einen Schluck Weißbier. Wir sitzen im Goldenen Pflug, seiner alten Wirkungsstätte in Köln-Merheim, direkt gegenüber dem Klinikum. Der Raum ist holzvertäfelt, blank geputzte Holztische, darauf Körbe mit Salz und Pfeffer und Senf und Ketchup in Portionspackungen. Nichts erinnert mehr an die großen Zeiten von vor fünfunddreißig Jahren, außer ein Schwarz-Weiss-Foto, das rechts oben in der Ecke hängt. Es zeigt den damaligen Besitzer Ludwig Robertz, dessen Frau Eleonore sowie deren Tochter Renate und ihren damaligen Mann, den Chefkoch Herbert Schönberner. Der Goldene Pflug hat heute erst ab 16 Uhr geöffnet, aber für Kollegen sperrt man gerne auf und serviert ein paar Runden.

Herbert Schönberner im Goldenen Pflug 2017
Nichts erinnert mehr an die großen Zeiten von vor fünfunddreißig Jahren, außer ein Schwarz-Weiss-Foto, das rechts oben in der Ecke hängt. Es zeigt den damaligen Besitzer Ludwig Robertz, dessen Frau Eleonore sowie deren Tochter Renate und ihren damaligen Mann, den Chefkoch Herbert Schönberner

Herbert Schönberner ist der erste Deutsche, der drei Sterne im Guide Michelin erkochte. Noch dazu war er der damals jüngste Koch, der jemals drei Sterne verliehen bekam. Mit zweiunddreißig Jahren. Der Österreicher Eckart Witzigmann (Aubergine) eröffnete den Dreier-Reigen 1980, 1982 folgten der Südtiroler Heinz Winkler (Tantris) und der kölsche Jung Herbert Schönberner. Deutschland war angekommen im Reich der Besser-Esser. Wer wissen möchte, was davor serviert wurde, muss nur auf dem Flohmarkt ein Kochbuch aus den frühen Siebzigern durchblättern. Lust buchstabierte sich damals anders und hatte generell wenig mit Essen zu tun. Die Fotos der Gerichte taugen maximal als ausgefallene Cover für schräge Mixtapes.

Köln ist heute weitestgehend von der hochgastronomischen Landkarte verschwunden und tatsächlich war der Goldene Pflug bis heute Kölns einziges Dreisternerestaurant. Zwar gibt es zehn ausgezeichnete Restaurants, gastronomische Konstanz haben davon die letzten fünfunddreißig Jahre nur wenige geboten. Blutwurst, Kölsch und lecker Mädchen haben überregional höhere Reputation als die Kölner Sterneküche, während das Münchener Tantris zwischenzeitlich unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Schönberner sich zum Demi-Chef hoch, bis einer seiner Vorgesetzten einen Herzanfall erleidet

Schönberner beginnt seine Lehre mit vierzehn im Kölner Börsen-Restaurant der IHK. Er wird aufgrund seiner herausragenden Leistungen trotz seines jungen Alters in die Klasse mit den Mittel und Oberschülern versetzt, von denen damals nur eine kleine Zahl die Lehre anstrebt. Nach der Ausbildung folgen kurze Stationen in der Schweiz und in Frankfurt, bis er 1968 nach Köln zurückkehrt und im Hotel Excelsior als Commis Entremétier und Garde-Manger beginnt. Schnell arbeitet Schönberner sich zum Demi-Chef hoch, bis einer seiner Vorgesetzten einen Herzanfall erleidet. Dieser sucht darauf eine weniger anstrengende Stelle als in einem Grandhotel und stellt sich auf Empfehlung im ehemaligen Merheimer Ausflugslokal Goldener Pflug vor. Die Ambitionen sind dort jedoch höher gesteckt, dazu kommt bereits 1970 der erste Stern. Er lehnt ab und schlägt statt dessen den jungen Herbert Schönberner vor. Der tritt nach eineinhalb Jahren im Excelsior am 1. April 1970 mit einundzwanzig Jahren seine Stelle als Küchenchef im Goldenen Pflug an.

»Köche«, so Schönberner, »interessierten damals keine Sau. Der Name des Hotels, des Gasthauses oder des Betreibers zählte.« Der 1937 eröffnete Goldene Pflug war seinerzeit bereits seit Langem eine lokale Größe. Nach dem Krieg avancierte er schnell zur ersten Adresse im Rechtsrheinischen und wurde zum beliebten Ausflugsziel. Bis Ludwig Robertz 1962 die Tochter des Betreibers, Eleonore, ehelichte und eine Vision hatte: französische Hochküche statt Tanztee mit Krawattenpflicht! Er bereiste Frankreich, speiste im Maxim’s und in den besten Häusern und ließ eines Tages nach Karneval weiße Tischtücher auflegen. Ab dem Moment wurde ernsthaft gekocht.

Die ersten drei Monate bei mir gab es richtig Kasalla! Die Leute sollten wissen, was Arbeit in der Küche bedeutet

Schönberner strukturiert die Brigade um und setzt auf ausgelernte Köche statt auf Lehrlinge, 1974 folgt der zweite Michelin-Stern. Mit Heinrich Scharley und Ulrich Rück bildet Schönberner ein Team, das lediglich durch zwei weitere Köche ergänzt wird. »Wir arbeiteten oft wortlos, wussten, was zu tun war, ohne viel Gebrüll und Hektik.« Schönberner trinkt sein Weißbier aus und wir bestellen noch eine Runde. Matthias Kappelhoff, sein ehemaliger Lehrling erinnert sich jedoch auch an einen gewissen Drill der die Köche außerhalb der Trias betraf. »Die ersten drei Monate bei mir gab es richtig Kasalla!«, stimmt Schönberner zu. »Die Leute sollten wissen, was Arbeit in der Küche bedeutet. Schließlich waren sie zum Lernen gekommen. Und wenn Kappelhoff klug daherschwatzte, gab es natürlich den Dämpfer: Was willst du? Du bist hier, um zu lernen. Wenn du etwas kannst, dann können Sie etwas sagen«. Er wechselt von du zu Sie, Kappelhoff siezt ihn immer noch. Einmal Chef, immer Chef.

Neben dem Drill und gelegentlichem Kasalla erinnert Schönberner aber auch viel Warmes, Menschliches. »Der alte Robertz setzte sich stets für die Schwachen ein, sei es die Waise oder schwache Mitarbeiter, die entsprechend ihrer Fähigkeiten eingesetzt wurden. Damals wurde man eben mit durchgezogen«. Auch der halb blinde Pianist mit grauem Star spielte bis zuletzt auf seiner Hammondorgel A Whiter Shade of Pale. Heute scheint dies in einem Dreisterneladen undenkbar.

Was in der Küche passierte, blieb in der Küche, und Kappelhoff erzählt von Techno-Partys nach Feierabend unter der Köln-Mülheimer Brücke, dass sie Diesel für die Generatoren holen waren. Oder vom Spüler, der dem Chef eine Karte fürs Alice-Cooper-Konzert schenkte und ihn quasi nötigte, dort hinzugehen, weil Schönberner als Chef am Samstagabend niemals das Restaurant verlassen hätte. »Ich wollte natürlich nicht weg, aber das Team wusste, wie gerne ich Alice Cooper sehen würde und besorgte mir ein Ticket. Ein geiles Konzert, um 22.30 Uhr stand ich wieder am Pass.«

Sie fahren zusammen nach Frankreich – Tour D’Argent, Haeberlin, Taillevent, Maxim’s, Chapelle, Bocuse, Troisgros, eine Ochsentour

Was sich beim nachmittäglichen Bier leicht wegplaudert, war seinerzeit vor allem eins: harte Arbeit, denn man startete damals unter gänzlich anderen Voraussetzungen – bei null. Das Wichtigste war natürlich das Handwerk.
Der alte Robertz, inzwischen Schönberners Schwiegervater, ist gnadenlos bei der Verwirklichung seiner Vision und sie fahren fortan zusammen nach Frankreich – Tour D’Argent, Haeberlin, Taillevent, Maxim’s, Chapelle, Bocuse, Troisgros, eine Ochsentour. »Das war ein harter Job, zwei Wochen lang mittags und abends essen. Wir mussten uns alles notieren, denn wir hatten ja keine Ahnung, wie all die wunderbaren Sachen auf den Teller kamen.« Im Maxim’s steckt Robertz dem Sous-Chef einmal 200 Mark zu, damit er dem jungen Herbert zeigt, wie man eine Gänseleberterrine einsetzt. »Das war das einzige Mal, dass mir jemand etwas gezeigt hat.«

Außer dem Jungen Koch (Erstauflage 1937) gab es damals wenig Literatur, erst recht nichts auf Deutsch über französische Haute Cuisine, die damals synonym für feine Küche stand.

Zurück in Köln wartet dann die wirkliche Arbeit: »Ich musste versuchen, alles zu rekonstruieren, die Saucen, die Bindungen, Reduktionen, alles. Damals wurde ja noch alles mit Mehlschwitze gebunden«, erinnert er sich. »Zwei bis drei Monate Nacharbeit waren dafür jedes Mal nötig. Dabei ging es gar nicht um das sklavische Kopieren, sondern um die systemische Erarbeitung, um unsere Küche strukturell nach vorne zu bringen. Und man wusste natürlich nie, ob die Arbeit fruchtbar sein würde.« Herr Robertz war dabei stets sein Förderer, der ihm alle Freiheiten ließ, um seinem Ziel näher zu kommen. »Barfuß oder Lackschuh«, lacht Schönberner, »dazwischen gab es nichts!«

Eine original Speisekarte aus dem Goldenen Pflug zu Herbert Schönberners Zeiten. Die Preise verstehen sich in DM!
Eine original Speisekarte aus dem Goldenen Pflug zu Herbert Schönberners Zeiten. Die Preise verstehen sich in DM!

Ein anderes Problem waren die Produkte: Woher bekam man in den 1970ern in Köln frischen Fisch wie Steinbutt oder Rouget? Schottische Moorhühner, Bries, Trüffel oder Rohmilchkäse? Nirgends nämlich. Unpasteurisierter Käse war damals sogar verboten und musste folglich geschmuggelt werden. »Heute gibt es immer alles«, sagt Schönberner. »Damals wussten wir ja nicht, wie ein Loup de Mer überhaupt aussieht! Es gab ja keinerlei Vertriebsstruktur! Bestellte man auf eigene Faust, konnte es sein, dass die Ware dann zwei Tage im Zoll lag.«
Man organisiert den Vertrieb. In Köln hilft der Logistiker Zündorf, bis Karl Heinz Wolf aus Bonn die Sache in die Hand nimmt und regelmäßig nach Paris auf den Rungis-Großmarkt fährt, um für sein Restaurant Chez Loup und einige weitere befreundete Restaurants Ware zu besorgen. Dies legte im Übrigen den Grundstein für die 1978 gegründete GmbH Rungis Express und den Weinimport Wein Wolf.

Langsam entwickelt sich eine Struktur und auch ein Netzwerk von Gastronomen und Lieferanten. Dies spricht sich herum und die ersten Trüffelhändler kommen aus dem Piemont nach Köln. »Die waren immer völlig fahrig und am Zittern von dem ganzen Kaffee. Die sind die ganze Strecke durchgefahren und hatten immer richtig dicke Bündel Bargeld in der Tasche.«

Noch in der gleichen Nacht fährt ein Taxi die dreihundert Kilometer von Köln-Merheim, Olpener Strasse 421, nach Wertheim-Bettingen und zurück, um ein Exemplar des Michelin abzuholen

Eines Abends Mitte November klingelt das Telefon und Schönberner bekam das neueste Gastro-Leak gesteckt: Er stehe in der neuen Ausgabe mit drei Michelinsternen. Herr Schmitt von den Schweizer Stuben hatte damals Kontakt zur Druckerei des Guide. Noch in der gleichen Nacht fährt ein Taxi die dreihundert Kilometer von Köln-Merheim, Olpener Strasse 421, nach Wertheim-Bettingen und zurück, um ein Exemplar abzuholen. Der Taxipreis sollte sich später mehrfach auszahlen. Und man war gewappnet auf den Ansturm von kölscher Prominenz und Feinschmeckern aus ganz Deutschland, die fortan die Plätze des Pflugs füllten.

Am Abend gehen wir ins Vendôme zu einem kleinen Abgleich von drei Sternen damals und heute. »Sterne waren uns damals völlig egal. Haeberlin, Bocuse, Chapelle, Troisgros, das waren unsere Vorbilder. Wir waren heiß und wollten besonders kochen.« Heute sieht dies selbstredend anders aus. »Die Entwicklung, dass der Name des Kochs bekannt wurde, setzte erst ab den frühen Achtzigern ein, als das mediale Interesse sich entwickelte. Vorher waren Köche in Deutschland namenlose Angestellte.«

Wir essen schweigend ein paar Seeigel auf Hafergrütze, bis er fortfährt: »Der Aufwand, der heute betrieben wird für drei Sterne, ist im Vergleich ein ganz anderer als damals. Früher reichte eine Blumendekoration im Normbereich, die Weinkarte wurde mit einbezogen und gut war’s. Der Sommelier hat damals noch die Etiketten der Flaschen abgelöst und in ein Buch geklebt.« Sommelier Marco Franzelin schenkt wortlos etwas Musigny 1990 von Comte de Vogüé aus der Magnum nach. »Das Geschirr und die Präsentation und der Service waren bei Weitem nicht so aufwendig wie hier. Auch die Amuse-Kultur hat sich völlig verändert. Damals gab es ein kaltes und ein warmes Amuse-Gueule und fertig.“

Ob er die Entwicklung im High-End Bereich verfolge, wollen wir wissen. »Natürlich, zu besonderen Anlässen wie Geburtstagen oder Feiertagen gehen wir natürlich Sterne essen. Und wenn ich mal nicht kochen mag, gibt es genügend sehr gute, aufstrebende Restaurants in der Gegend.«

Als grundsätzliche Veränderung der letzten Jahre bemerkt er die Entwicklung, immer zurückhaltender zu würzen. »Es fehlen oft schon Salz und Pfeffer. Ich habe den Eindruck, dass häufig aus Angst, etwas falsch zu machen, gar nichts mehr gemacht wird.« Letztendlich seien die Standards von damals und heute schwer miteinander zu vergleichen: »Ein Medizinstudent von heute kann auch viel mehr als Albert Schweitzer damals«, erklärt Schönberner. Gleich geblieben seien dagegen die Grundlagen: »Gutes Kochen beginnt für mich immer noch mit einer guten, kräftigen Brühe. Handwerk und Ehrgeiz sind die Lokomotive, egal ob du nun klassisch kochst wie wir damals oder modern-zeitgenössisch wie Herr Wissler.«

Insgesamt siebenundzwanzig Jahre kocht Herbert Schönberner im Goldenen Pflug, davon dreiundzwanzig Jahre unterm Sternenhimmel. 1989 kippte der dritte Stern, und als 1993 eine weitere Abwertung zur Debatte stand, ließ der alte Robertz den Pflug (gleich dem Maxim’s) aus der Wertung nehmen. Man muss den 1993 verstorbenen Ludwig Robertz zweifellos zu den großen Mäzenen der deutschen Kulinarik zählen, ebenso wie Familie Eichbauer in München oder Finkbeiners in Baiersbronn. Ohne solche Visionäre mit derartigem Engagement wäre die Entwicklung in Deutschland einen Schritt zurück, zumindest aber sehr viel ärmer.

1998 macht sich Herbert Schönberner in Köln mit Schönberners Bistro selbständig. Ohne Michelin-Sterne, dafür mit guter Bewertung im Gault Millau. Bis 2001 die Dorint-Gruppe mit Schönberner Kontakt aufnimmt, man suche einen adäquaten Küchenchef für ein Fünf-Sterne-Superior-Hotel am Tegernsee. Schönberner wird aus seinen Verträgen ausgelöst, verkauft sein Bistro und beginnt im Seehotel Überfahrt. Dorint hatte das Objekt als Pächter übernommen und sich maßlos verspekuliert. Weit über 200 Millionen DMark kostete der zehnjährige Umbau des Traditionshauses. Das gesamte Unternehmen stand unter einem schlechten Stern, die einheimische Bevölkerung beschimpfte die Betreiber als Heimatverräter und Landschaftsverschandler. Allein jedes der einhundertneunzig Zimmer kostete durchschnittlich 1,4 Millionen Mark, dazu hatte man die Küche für das gewünschte Fine Dining komplett vergessen. Die einfache Übernachtung kostete damals 450 Mark. Anfangs pendelte Schönberner zwischen Köln und dem Tegernsee, bis er schließlich mit seiner zweiten Frau und den Kindern nach Oberbayern zog. Doch dann kam alles anders als geplant: »Als man dachte, jetzt ist alles auf einem guten Weg, kamen der 11. September und der Afghanistankrieg dazwischen, wodurch das Geschäft einbrach. Da die Preise für das Hotel drastisch gesenkt wurden, war das Hotel zwar gut besucht, aber nicht mit der Klientel, für die das Hotel und die Restaurants gebaut wurden. Es konnte bei guter Belegung passieren, dass alle vier Restaurants der Überfahrt fast leer waren, weil die Gäste außer Haus aßen. So wurden die gesamten Gourmetrestaurants nicht nur in Rottach-Egern, sondern in allen Dorint-Hotels geschlossen.« Der gesamte Komplex stand bald zur Veräußerung und wird heute (seit 2007) von der Althoff-Gruppe betrieben.

Seitdem ist es still geworden um Herbert Schönberner. Nach gesundheitlichen Problemen lebt er zurückgezogen und glücklich als Rentner in der Nähe von Bad Tölz und genießt die freie Zeit mit seiner Familie. Er hilft inkognito zwei Tage die Woche in einem lokalen Internat aus und kam nach Kontaktaufnahme seines alten Lehrlings Matthias Kappelhoff für ein Wochenende nach Köln, um mit uns zu plaudern. Kölsch mag er mittlerweile nicht mehr trinken.

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  1. Danke schön für den Artikel! Zeigt mir die Schnelllebigkeit unserer Zeit und die unheilvolle Überpräsenz des Internets – und des Fernsehens! Durch deren Aktivitäten wurde die Nahrungsaufnahme in guter Qualität zum Event, zu Schickimicki und dergleichen. Es soll alles überall geben, Flensburger Bier in Oberbayern oder Baby-Steinbutt in Dresden. Nix mit Regionalität!
    Uniformität überall. Zu Zeiten eines Klaus Besser lag bestenfalls der Michelin auf der Hutablage eines Pkw, heute wollen alle möglichen Verlage Geld mit „Guides“ verdienen, Michelin leistete sich den Führer so nebenbei, war wohl mal für die Vertreter der Marke gedacht, die über die Lande fuhren. Von Eßtourismus keine Rede. Unser Manko: Nichts ist mehr selbstverständlich, seit es das Internet gibt. Es hat keine Kultur befördert, sondern trägt kräftig zu ihrem Verfall bei. Herr Schönberner gibt ein gutes Beispiel: »Es fehlen oft schon Salz und Pfeffer. Ich habe den Eindruck, dass häufig aus Angst, etwas falsch zu machen, gar nichts mehr gemacht wird.«
    Heute herrschen Hetze, Mißgunst, Gewinnstreben und Konformität, jeder hat Angst, etwas zu verpassen, bei einem Trend nicht dabei zu sein. Es sind keine Macher mehr da, sondern nur Getriebene. Ich freue mich über mein Geburtsjahr und die Normalität vergangener Jahrzehnte, als man mit Herrn Thieltges mittags ungezwungen plaudern konnte, als man durch Hubert Scheid auf Bandol-Rotwein und fruchtigen Grünhäuser Maximin Herrenberg aufmerksam gemacht wurde, als das Restaurant Kunz in St. Wendel vom Vater von Alexander Kunz, Klaus, genannt Buwwi, in höhere Sphären geführt wurde und wo man immer gesättigt aufstand! Damals gab es veritable Köche und keine pinzettenbewehrte Tellerdekorateure, die sich klammheimlich über ihre Klientel lustig machen. Aber das Wichtigste der Welt von ist ja die Oberflächlichkeit, der schöne Schein. Und dann gibt es tatsächlich noch Leute, die sich über den Zustand unserer Gesellschaft wundern…!

  2. Leider vergällen mir die ganzen „schiefen“ Umlaute die Lust am Lesen. Hier ein kleines Beispiel: „KölnMülheimer Brücke“.
    An meinem PC kann es nicht liegen.
    Beste Grüße

    1. Nein, das liegt an UTF-8. Ich hoffe, ich habe jetzt alles gefunden. Danke für den Hinweis!

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