Allerkrug

Celle, Deutschland
Sven Hütten

Wo sich das ausfransende Gewerbegebiet Celles endlich ins Liebliche der Allerniederung geöffnet hat, steht ein Fachwerkhaus, in dessen hellfreundlichem Gastraum Sven Hütten ganz zauberhafte Teller in von Mahl zu Mahl wachsender Kreativität schickt. Seine Menüs schlachten Vorurteile über typisch norddeutsch. Dreimal Gänseleber – vom haselnussigen, festen Schaum bis zu einem perfekt gebratenen Quadrat löst das Versprechen ein, Produktqualitäten durch Handwerk und sinnstiftende Kombinationen für sich sprechen zu lassen. In Bries und Hummer des zweiten Gangs arbeitet Hütten Ähnlichkeiten und Differenzen in Textur sowie leichter Süße heraus, der ein Krustentierfonds eine minimale Bitternote gegenüberstellt. Der Heilbutt mit Gewürzkrokant zitiert ironisch Tiefkühlkost (»Schlemmerfilet«) und führt zum ursprünglichen Potenzial dieser Kombination. Die handwerklich perfekte Taube mit Rosenkohlblättern spielt wiederum mit Süße und Bitterkeit. Wozu bei den Schokoladenvariationen vom Eis bis zur Suppe von weißer Schokolade noch die Temperaturen kommen. Hütten, dessen Frau in familiärer Form nicht nur den Service verantwortet, kocht und backt (das Brot!) seit Jahren konsequent, sich immer wieder steigernd und ohne Firlefanz. In Hamburg oder Berlin würde ihm bald ein Stern leuchten. Doch er hält eisern die Stellung in der Provinz, mit der Kombination von Hochküche einerseits und den landläufig gewünschten Deftigkeiten andererseits. Als Pädagogik oder Kunst angeboten, flössen Subventionen. So halt weiter nur die Aller.

Text: Nils Schiffhauer
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