Es gibt Barbera d’Alba und den gern etwas moussierenden Barbera del Monferrato, doch das Herzstück ist zweifellos der Barbera d’Asti. Die Rebe ist relativ anspruchslos, recht produktiv und reift zu einem günstigen Zeitpunkt, nämlich nach dem Dolcetto und vor dem Nebbiolo, was die Arbeitsplanung des Winzers erleichtert. Die Rebsorte zeichnet sich durch die tiefrote Farbe, vollen Körper, hohe Säure und relativ wenig Tannine aus. Junge Weine zeichnen sich durch Aromen von roten Kirschen, Brombeeren, manchmal auch Himbeeren aus. Reif geerntete Weine können auch Aromen von dunklen Kirschen haben. Da sie relativ wenig Ansprüche an den Standort stellt, wird sie häufig da angebaut, wo der Nebbiolo (für den der Winzer deutlich mehr bekommt) nicht gedeiht.
Traditionell wurde Barbera in großen, gebrauchten Fudern ausgebaut, später in Edelstahltanks. Erst in den 1970er-Jahren begann man auf Anregung des französischen Önologen Émile Peynaud damit, kleine Holzfässer zu verwenden. Die Rebsorte hat von Haus aus eher wenig Tannin, was durch das Holz ausgeglichen wird, so kann aus dem relativ einfachen Trinkwein ein lagerfähiger Wein, durchaus mit dem Potenzial zu gewisser Größe werden. Solche Weine können 15 bis 20 Jahre und länger gelagert werden. Die traditionsbewussten Winzer setzten der Idee ursprünglich Widerstand entgegen, aber der Erfolg der Super Tuscans, der nicht zuletzt auf dem Holzeinsatz beim Ausbau des Sangiovese beruhte, überzeugte dann doch. Ein Großteil der Ernte wird aber bis heute ausschließlich im Stahltank ausgebaut, Barbera hat zwar eher wenig Tannine, dafür aber eine kräftige Säure, die dafür sorgt, dass auch einfache Weine sich durch eine spritzige Lebendigkeit auszeichnen.
Die Familie Incisa lebt seit dem 11. Jahrhundert im Piemont. Im 13. Jahrhundert verpachteten sie die Lagen Sant’ Emiliano an Mönche, die dort mit dem Weinbau begannen. Heute leitet die Marchesa Barbara Incisa della Rocchetta mit ihren Kindern Francesca und Filiberto das Weingut. Filiberto gehört ohne Zweifel zu den ambitionierten Winzern in der Gegend. Die Familie bewirtschaftet 20 Hektar und pflanzt neben Barbera auch Merlot, Grignolino und neuerdings auch Pinot Noir an.
Der Barbera wird im Stahlfass vinifiziert und reift anschließend, nach Lagen getrennt, 12 bis 18 Monate in kleinen Holzfässern aus französischer Eiche. Der Sant’Emiliano, der dabei herauskommt, ist ein durchaus respektabler Rotwein, eher im Bordeaux- als im Burgunderstil, mit Anklängen an Leder, Schokolade, dunklen Früchten und sogar etwas Kompott, dabei aber immer von der straffen Barbera-Säure auf Kurs gehalten. Prima!
Einige Kilometer weiter, bei Bersano, gibt es im zum Gut gehörenden Museum uralte Pressen und eine Dampflokomotive zu besichtigen, gleichzeitig findet man eine durchaus moderne Auffassung vom Weinmachen. Neben einigen wirklich respektablen Schaumweinen gibt es zum Beispiel den 4 Sorelle (vier Schwestern), einen eher traditionellen, also frischeren und zugänglicheren Barbera, der dem Ruf der Rebsorte als einfacher Essensbegleiter alle Ehre macht.
Sehr spannend geht es bei der Kooperative Vinchio Vaglio zu. Im Herzen des Monferrato befinden sich hier die Weingärten an steilen Hängen, wo sie nur von Hand und nur mit außerordentlichem Aufwand bewirtschaftet werden können. Carlo Petrini, der Gründer von Slow Food bezeichnete Vinchio Vaglio einmal als die Mutter aller Barberas. Heute sind es 200 Winzer, die insgesamt fast 500 Hektar bewirtschaften. Das klingt zunächst nach Massenware, und man ist auch zu Recht stolz auf die Mengen, die man als Bag-in-Box in durchaus respektabler Qualität jedes Jahr exportiert. Aber bei so viel Fläche sind eben auch sehr viele gute bis sehr gute Lagen dabei, und so entstehen hier auch ein paar hochinteressante Weine, die durchaus ins obere Regal gehören und dabei wie so oft in Italien bezahlbar bleiben. Der Vigne Vecchie 50° – aufgelegt zum fünfzigjährigen Jubiläum der Kooperative – zeigt, was die Rebsorte kann, wenn man sie traditionell, also ohne Holz ausbaut. Eine fröhliche Trinkigkeit, schreibt das Factsheet, zeichne den Wein aus, und das trifft es auch. Auf der anderen Seite gibt es den Sei Vigne Insynthesis, mit drei Gläsern im Gambero Rosso ausgezeichnet, der von sechs ausgewählten Weingärten stammt und 20 Monate in neuer französischer Eiche zu liegen kommt, dann 12 Monate auf der Flasche reift, bevor er in den Handel kommt.
Via Roma 66, 14030 Rocchetta Tanaro, Italien, marchesiincisawines.it
Piazza Dante, 21, 14049 Nizza Monferrato, Italien, bersano.it
Regione San Pancrazio 1, 14040 Vinchio, Italien, vinchio.com